Partizipative Befragungen zur Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer in sozialpsychiatrischen Einrichtungen

Nach unserer Auffassung kann Inklusion in die Gesellschaft nur dann gelingen, wenn die Teilhabe und –gabe der Klient*innen schon in den Einrichtungen gelernt und gelebt wird. Der Ansatz der Partizipation, mit dem wir seit einigen Jahren in Forschung und Beratung arbeiten, ist sehr geeignet, um einen Prozess der Beteiligung auf verschieden Ebenen einzuführen.

In Bezug auf Zufriedenheitsbefragungen sieht der partizipative Ansatz die Beteiligung von Nutzer*innen in der Planung, Durchführung und Auswertung der Befragung vor. Für die Einrichtung hat dieses Vorgehen diverse Vorteile:

  • Die besondere Expertise und Sichtweise der Nutzer*innen wird schon bei der Entwicklung der Fragestellungen des Erhebungsinstrumentes einbezogen, was zur Folge hat, dass die Fragen „lebensweltnäher“ gestellt werden.
  • Durch die gemeinsame Entwicklung des Erhebungsinstrumentes findet die Befragung in der Regel eine höhere Akzeptanz unter den Nutzer*innen allgemein, was sich positiv auf Qualität und Quantität der Antworten/Fragebögen auswirkt.
  • Die wertschätzende Einbeziehung der Nutzer*innen in den gesamten Befragungsprozess fördert deren Selbstwertgefühl und Empowerment und motiviert zu weiterem Engagement innerhalb der Einrichtung.
  • Durch die Teilhabeprozesse in der Einrichtung werden die Nutzer*innen so gestärkt, dass die Wiedereingliederung in die Gemeinde leichter fällt.
  • Durch die Beteiligung der Nutzer*innen an einer Befragung werden diese im optimalen Fall so geschult, dass sie zukünftige Befragungen selbstständig ohne oder mit geringer Unterstützung durchführen können.
  • Die Einbeziehung der Nutzer*innen bei Zufriedenheitsbefragungen gehört in Zeiten von BTHG, UN Behindertenrechtskonvention, EX-IN, Inklusions- und Partizipationsbestrebungen zu einem zeitgemäßen Betriebsablauf.

Partizipativ entwickelte Befragungen gestalten sich etwas anders als gewöhnliche Befragungen. Partizipation bedeutet, dass eine aus Mitarbeiter*innen und Nutzer*innen – ggf. auch Leitung und QM-Beauftragte – gebildete Arbeitsgruppe die anfallenden Aufgaben der Erhebung gemeinsam erfüllt. Partizipative Prozesse sind in erster Linie Aushandlungsprozesse aller Beteiligten. Das ist zwar zeitintensiv, aber für den weiteren Fortgang von elementarem Nutzen.

In der partizipativen Arbeit ist es wichtig, dass am Anfang die Möglichkeiten und Grenzen der Partizipation und die Kompetenzen der Beteiligten klar kommuniziert und im Verlauf dann auch eingehalten werden.

Nach Absprache mit dem Auftraggeber über Inhalt und Umfang der Befragung besteht unsere Aufgabe darin, den gesamten partizipativen Prozess zu moderieren sowie fachlich zu beraten. Weitere Teilaufgaben wie z.B. die eventuelle Überarbeitung des Erhebungsinstrumentes, Mithilfe in der Erhebungsphase, Datenanonymisierung, Erstellung eines Abschlussberichtes etc. ergeben sich aus den Absprachen mit Auftraggeber und der Arbeitsgruppe und den aktuellen Notwendigkeiten der gesamten Erhebung.

Konkret könnte eine partizipative Befragung wie folgt aussehen:

Zunächst wird eine Arbeitsgruppe (Mitarbeiter*innen, Klient*innen, ggf. Leitung, QM) für die Planung, Durchführung und Auswertung der Befragung gebildet.

Die Arbeitsgruppe hat folgende Aufgaben:

  • Inhaltliche Abstimmung innerhalb der AG über Methode, Art der Durchführung und Auswertung der Befragung,
  • Entwicklung des Erhebungsinstrumentes (z.B. Leitfadeninterviews, Fokusgruppen, Fragebögen etc.),
  • Durchführung der Erhebung,
  • Auswertung der (ggf. von uns zuvor anonymisierten) Daten,
  • Vorstellung der Ergebnisse,
  • Abstimmung über ein sich daraus ableitendes weiteres Vorgehen.

Ein Abschlussbericht wird, wenn gewünscht, von uns in Abstimmung mit der AG verfasst.

Eine partizipativ durchgeführte Befragung kann Prozesse in Gang setzen, die zu einer höheren Identifikation der Nutzer*innen mit der Einrichtung, in der sie leben und /oder durch die sie betreut werden, führen. Daraus kann wiederum eine größere Beteiligung im Bewohner*innenrat oder auch an den betriebsinternen Strukturen, wie z.B. die Mitarbeit in Qualitätszirkeln und Planungsgremien entstehen. Durch die gegenseitige Akzeptanz und Begegnung auf Augenhöhe in den Gremien, durch die Anerkennung der ganz eigenen Expertise der Nutzer*innen und den wertschätzenden Umgang miteinander ändert sich oft der Umgangston innerhalb der Einrichtung. So bereitet die Partizipation der Nutzer*innen nicht zuletzt auch den Boden für die Einstellung von Genesungsbegleiter*innen.